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Website – eine echte Alternative zu den Börsen.
Digitalisierung des Kundenkontakts im Automobilhandel – was heißt das 2018? Umfragen wie der Branchenindex (BIX) von »kfz-betrieb« zeichnen ein differenziertes Bild. Klar, die Händler-Website gehört zum Standardrepertoire. Gerade bei kleineren Betrieben ist hier aber teils noch immer Fehlanzeige, wie die Umfrageergebnisse zeigen.
Und Markenhändler haben oft zwar Onlinepräsenzen, die auf den ersten Blick rund wirken. Aber wenn man beispielsweise in den Servicebereich klickt, wird es schnell dünn mit Interaktionsmöglichkeiten. Holt man so Verbraucher ab, die bis hin zum Waschmittel alles bei Amazon kaufen?
Die Crux ist: Händler müssen online auf vielen Ebenen präsent sein: neben der Website auf Social-Media-Kanälen, Werkstattportalen oder Bewertungsplattformen. Und jeder dieser Auftritte ist eine Disziplin für sich, »kfz-betrieb« hat mit Digitalexperten darüber gesprochen, was wichtig ist, um auf allen Ebenen zu punkten.
Kaum gute Websites
Die Händler-Website ist noch immer das Zentrum der Onlineaktivitäten. So sieht das zumindest Olaf Dicker – auch weil es sein Job ist. Dicker ist Inhaber der Webagentur 5W-50. Wenn man ihn fragt, wie viele Händler-Websites er wirklich gut findet, weil sie wirtschaftlichen Nutzen bringen, entsteht zunächst eine Redepause. Dann aber liefert er eine Antwort: vier oder fünf von einhundert vielleicht. Warum ist die Quote so mager?
Natürlich ist es Dickers Job, Defizite aufzuzeigen, wenn er sich neue Webprojekte sichern will. Aber er untermauert seinen Befund mit Beispielen.
Bei einzelnen großen Händlergruppen mit Premiummarken im Angebot etwa müssten Kaufinteressenten in Fahrzeugangeboten heute bis zu fünf Mal mit der Maus scrollen, bis sie einen Ansprechpartner mit Telefonnummer fänden. Kann es das sein? Die Händler wollen doch hochpreisige Produkte verkaufen! Und natürlich tun sie sich da einen Gefallen, wenn sie Vertrauen schaffen und ihre Teams an prominenter Stelle Gesicht zeigen lassen – neben
Informationen wie Preis, Rufnummer und Mail-Kontakt.
Aber das ist nur ein Problem, sagt Dicker. Insgesamt seien Händler-Websites häufig „überladen“. Händler versuchten, alle möglichen Inhalte unterzubringen, ohne kritisch deren Relevanz zu prüfen. Das Ergebnis seien immer wieder überfrachtete Navigationsmenüs. Damit verfehlten diese ihre Funktion, den Nutzer zu Inhalten zu führen, die ihn interessierten.
Wenn dieser sich jedoch erst lange orientieren müsse, fange er an, sich Fragen zu stellen: Was steckt hinter den Menüpunkten? So würden potenzielle Käufer verwirrt. Und dies sei wegen der zentralen wirtschaftlichen Bedeutung der Händler-Website dramatisch. Denn Kunden suchten nicht nur auf Mobile.de oder Autoscout 24, sondern auch über Suchmaschinen – und landeten dann im Idealfall auf der Onlinepräsenz eines Händlers, sagt Dicker.
Machen Gebrauchtwagenbörsen die Händler-Website nicht überflüssig? Natürlich bieten diese auf den ersten Blick vieles, was der Händler will: Reichweite und umfangreiche Möglichkeiten, den Fahrzeugbestand oder die eigene Händlermarke darzustellen.
Trotzdem ist die Wahrnehmung der Plattformen zwiespältig: Viele im Handel stören sich am Duopol von Mobile.de und Autoscout 24.
Schaffen es neue Marktplätze wie Heycar oder Car Gurus, diese Konstellation aufzubrechen?
Dies spielt für Dicker gar keine so große Rolle: „Vor allem müssen Händler begreifen, dass ihre Website eine echte Alternative zu den Börsen ist.“ Die Börsen zeigten zwar den Fahrzeugbestand. Aber das sei nur ein Teil dessen, was Händler bieten. Autohäuser sollten auf ihren Websites auf mehreren Feldern informieren: Verkauf, Ankauf, Service und Personal. Daneben gebe es viele weitere Kniffe, die beim Aufbau einer Onlinepräsenz zu beachten seien.
Dicker empfiehlt unter anderem, die Fahrzeugsuche zentral auf der Startseite zu platzieren – ähnlich wie Google sein Suchformular. Vier von fünf Website-Besuchern recherchierten den sofort verfügbaren Bestand.
Der Erfolg von Händler-Websites ist aber von vielen Faktoren abhängig. Vor allem davon, dass diese gefunden werden. Dies stellen Autohäuser über Suchmaschinenmarketing sicher.
Tim Klötzing erstellt mit seiner Agentur „Breitengrat“ nicht nur Autohaus-Websites, sondern kümmert sich auch um deren Sichtbarkeit im Netz. Errät, darauf zu achten, dass Suchmaschinenoptimierung (SEO = Search Engine Optimization) – also die gestalterische, inhaltliche und technische Verbesserung von Websites unter dem Gesichtspunkt der Auffindbarkeit für Suchanbieter – und die bezahlte Suchmaschinenwerbung (SEA = Search Engine Advertising bzw. SEM = Search Engine Marketing), mit der Autohauswerbung ganz oben in den Suchergebnislisten auftaucht, Hand in Hand gehen müssen. Je besser eine Website für Suchmaschinen optimiert sei (SEO), desto besser funktionierten auch Suchwortanzeigen (SEA) – beispielsweise mit Google Adwords.
Google schreibe Onlinepräsenzen höhere Relevanz zu, wenn die technische und inhaltliche Qualität stimme und die Schlüsselbegriffe geschalteter Suchwortanzeigen auch auf den Seiten vorkämen. Dies führe zu einem besseren Ranking in der anorganischen Suche – also bei den bezahlten Suchergebnissen – und geringeren Kosten je Klick auf Suchwortanzeigen.
Auch gebe es schlicht Nutzer, die nicht auf bezahlte Suchergebnisse klicken wollten, betont Klötzing: „Schon allein deshalb muss man gut in der organischen Suche abschneiden.“ Und dies gehe nur, wenn die Website technisch stimmig ist und nicht einfach Inhalte von einer Herstellermarke kopiert würden.
Wie können Autohäuser ihren Erfolg im Web messen? Antworten liefert die Webanalyse. Hier können ganz unterschiedliche Kennzahlen relevant sein. Das fängt bei der Besucherzahl an und geht bis hin zu den Anfragen über die Website nach Werbung im Netz.
Trotzdem betreiben heute nur wenige Autohäuser eine systematische Webanalyse, sagt Agenturinhaber Dicker. Dies sei erstaunlich, weil viele viel Geld ausgäben, um Nutzer mit Onlinewerbung anzulocken. „Eine Website lohnt sich erst dann, wenn sie dem Händler wirklich Geschäft bringt“, sagt Dicker. Deswegen sollten Autohäuser genau prüfen, durch welche Ansprache sie die meisten Anfragen erhielten.
Suchmaschinenmarketing ist aber nur eine Stellschraube, um potenzielle Käufer auf sich aufmerksam zu machen. Hat man deren Aufmerksamkeit erlangt, bleibt die Frage bestehen, wie man deren Vertrauen gewinnt. Hier helfen Onlinebewertungen.
Remo Fyda vom Dienstleister Proven Expert rät, die Bedeutung eines geordneten Bewertungsmanagements nicht zu unterschätzen (siehe Interview S. 29). „Professionelles Bewertungsmanagement hat eine verbindende Funktion, weil man damit Einfluss auf die Wahrnehmung über verschiedene Onlinekanäle hinweg nehmen kann.“
Bewertungen fänden sich nicht nur in den Fahrzeugbörsen wieder, sondern auch auf Social-Media-Plattformen und Suchportalen. Und mit Tools wie sie sein Unternehmen oder andere Dienstleister bieten, ließen sich Bewertungen auch auf Autohaus-Websites platzieren. So sehe Mundpropaganda heute aus, sagt Fyda.
In vordigitalen Zeiten waren auch Branchenverzeichnisse eine wichtige
Informationsquelle. Suchmaschinen haben deren Rolle infrage gestellt -aber nur ein Stück weit. Denn Dienste wie Google oder Bing veröffentlichen schon seit geraumer Zeit selbst Einträge von Firmen („My Business“, „Places for Business“), weil diese offenbar einen Mehrwert für Nutzer bieten.
Suchen Nutzer nach Unternehmen in ihrer Region, finden sie in den Ergebnislisten mittlerweile häufig auch deren Profile. Entsprechend bewertet Matthias Süß vom Marketingdienstleister Bytecontent, der viele Autohäuser betreut, die Bedeutung von Online-Brancheneinträgen: „Es geht auch hier um Sichtbarkeit beim potenziellen Kunden.“ Relevante Informationen werden gebündelt: Adresse, Kontaktmöglichkeiten, tagesaktuell einstellbare Öffnungszeiten.
Machen, was Nutzen stiftet
Süß rät Autohäusern, mit Brancheneinträgen dort aktiv zu werden, wo es sich wirklich lohnt: „Bleiben Sie mit Ihren digitalen Präsenzen in einem Rahmen, den Sie auch sorgfältig pflegen können!“ Am Ende ziehe die Profilpflege Personalkosten nach sich. Und diese könnten erheblich sein. Welche Einträge aktiv gepflegt würden, sollten Autohäuser auf Grundlage des Website-Traffics entscheiden, den diese brächten.
Deutlich stärker aber als Brancheneinträge sind Social-Media-Auftritte eine Frage von Personalkapazitäten: Facebook, Instagram, Twitter – was
lohnt sich? Immer wieder sind halbherzig gepflegte Profile von Autohäusern zu beobachten. Zwei, drei Videos auf Youtube – dann schläft der Enthusiasmus ein, vielleicht weil nicht sofort die erwarteten Abrufzahlen kommen.
Wer von Social Media etwas erwartet, sollte sich zunächst über den Charakter dieses Kommunikationskanals klar werden, sagt Agenturinhaber Klötzing und nennt ein Beispiel: „Facebook ist ein Freizeitmedium – kein Verkaufs-, sondern ein Imagekanal.“ Wer mit Inhalten punkten wolle, müsse also unterhalten. Warum Nutzern nicht per Video einen Blick hinter die Kulissen bei der Fahrzeugveredelung liefern? Sparten-TV-Kanäle erreichten damit ihr Publikum.
Werbliche Inhalte hingegen, die Autohäuser von Herstellern kopierten, verfehlten regelmäßig ihre Wirkung. Da sei es besser – wenn man den Vertrieb überhaupt als Facebook-Strategie verfolgen möchte -, Fanseiten zu eröffnen, auf denen es nur um Angebote gehe, wie Klötzing sagt. Die Social-Media-Auftritte vieler Autohäuser zeigten aber, dass es oft gar kein Konzept gebe. Dann gelte zumindest der Grundsatz: Qualität statt Quantität.
Weil gelungenes Social-Media-Marketing heute anspruchsvoller denn je ist, sieht Matthias Süß von Bytecontent den guten alten Newsletter als echte Alternative: „Mit E-Mail-Marketing lassen sich Reichweiten erzielen, die über kaum einen Social-Media-Kanal zu erreichen wären.“
Hinzu kommen andere Faktoren: E-Mails erlauben eine personalisierte Ansprache und lassen sich auf Zielgruppen zuschneiden – sofern zu den Empfängern mehr Daten vorliegen als die Adressen. Der Nachteil: Es lassen sich überhaupt nur Kunden ansprechen, deren Adressen bekannt sind.
Die technischen Lösungen für E-Mail-Marketing reichen vom hündischen Versand bis hin zu Customer-Relationship-Systemen, die Inhalte automatisch gemäß den Interessen der Empfänger zusammenstellen. Trotzdem müssten selbst bei höchster Automatisierung relevante Inhalte vorliegen. Und dies sei die größte Hürde für gelungenes E-Mail-Marketing – und aufgrund der Personalkosten für die Erstellung der Inhalte auch der größte Kostenblock, sagt Süß.
E-Mail-, Social-Media- und Suchmaschinenmarketing: Was Autohäuser rund um die eigene Website unternehmen, betrifft immer auch das Servicegeschäft. Die technischen Lösungen fangen hier beim E-Mail-Formular für Terminanfragen an und gehen bis zum komplexen Terminbuchungssystem. Mitunter bieten auch Werkstattportale Buchungstools, die sich in die Website einbinden lassen. Und losgelöst davon sorgt die Präsenz von Autohäusern auf
den Portalen für das, was entscheidend ist: online sichtbar zu sein.
Gerade im Service aber lässt sich mit technisch vergleichsweise einfachen Mitteln der Kundenkontakt sehr direkt gestalten – zumindest unter zeitlichen Gesichtspunkten. Textmessenger auf Smartphones wie Whatsapp und LiveChats für die Website erlauben es Kunden, in Echtzeit Kontakt mit dem Autohaus aufzunehmen. Wichtig: Hier handelt es sich um zwei unterschiedliche Instrumente.
Patrick Möltgen, unabhängiger Digitalberater für Autohäuser, macht den Unterschied deutlich: „Den Messenger führt man auf dem Smartphone mit sich. Der Livechat ist ein Kommunikationskanal, mit dem Nutzer Kontakt aufnehmen können, die sich auf der Website des Autohauses bewegen und dort aktiv Informationen einholen.“
Insofern sei Whatsapp – dessen Nutzung Autohäuser datenschutzrechtlich intensiv hinterfragen sollten – ein Instrument, das sich eher zur Bestandskundenpflege nutzen lasse: Kunden speichern die Nummer des Autohauses ab, und bei Bedarf erfragen sie einen Servicetermin. Die Einsatzpotenziale des Live-Chats sind etwas breiter: Servicetermine, Fahrzeuganfragen oder auch Fragen zu Stellenausschreibungen. Nutzer können alles thematisieren, ohne gleich zu viel von ihrer Person preiszugeben – etwa ihre Telefonnummer oder ihren Namen.
Berater Möltgen wertet den Livechat insofern als „niederschwellige Möglichkeit, mit dem Autohaus Kontakt aufzunehmen“. Dies komme gerade den Erwartungen der Generationen entgegen, die ab 1980 geboren und schon zahlungskräftig sind: „LiveChats vervollständigen das Puzzle der Kommunikationskanäle des Autohauses“, sagt Möltgen. Und sie sind ein Kommunikationsmittel, das jene nutzen, auf die es ankommt: die jungen Autokäufer – und damit das Kaufpublikum von morgen.
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